Was die Wenigsten zu wissen scheinen – wie könnten sie auch – Mercedes hat sich große Gedanken bei der Erstellung der Kombiinstrumente jener Tage gemacht.
Mit Einführung der BR 116 im Jahr 1972 wurde erstmals eine neuartige Farbe auf den feinen Zeigern im Kombiinstrument verwendet.
Der technische Hintergrund der sich dahinter verbirgt ist jedoch ganz einfach – diese Farbe soll auf nicht allzu aufdringliche Art und Weise den Kontrast erhöhen und so die Zeiger besser ins Auge des Fahrers springen lassen. Gerade auf den schwarzen Zifferblättern gelingt dies hervorragend.
Entstanden ist diese konstruktive Meisterleistung in den Anfängen der ESF (Experimentier Sicherheits Fahrzeuge) die anfänglich noch auf einem verlängerten Mercedes 280 (W114) aufbauten und später dann auf das Chassis des W116 setzen.
Die Rede ist hier von einem Farbton der leicht fluoreszierende Eigenschaften besitzt!
Doch leider fordert die Zeit hier – insbesondere starke UV-Bestrahlung – ihren sichtbaren Tribut: die Zeiger „leuchten“ nicht mehr in frischem Orange, sondern sind einfach nur noch Zitronengelb und ohne die vorher vorhandene Leuchteigenschaft.
Wie könnte man dies alles besser belegen als mit einem originalem Pressefoto aus dem Hause Daimler – es zeigt das Kombiinstrument des letzten je gebauten W126, dem anthrazitfarbenen 560SEL aus dem Museumsfundus.
Die Tatsache damals
Die Tatsache heute
Dies ist der Ist-Zustand in den allermeisten Mercedes aus Ende der 1970er und 1980er Jahre – ein fieses, blasses Zitronengelb ohne Leuchteigenschaft:
Betroffen hiervon sind u.a. alle W116, W123, W124, W126, W201 und R107 – teilweise aber auch in Abhängigkeit ihres Baujahres.
Die Restauration
Was machen wir also? Im Grunde ist es ganz einfach – doch über den korrekten Farbton wurde in den letzten gut 10 Jahren ein regelrechtes Ratespiel veranstaltet. Meinte der eine man könnte es mit der Mischung zweier Revell-Bastelfarben (Verkehrsorange und Lufthansagelb) anmischen, so sagten wiederum andere (der Autor im übrigen auch!) man könnte es mit einem orangefarbenen Textmarker aus dem Hause Stabilo BOSS in den Griff bekommen – was auch sehr gut klappte und einfach zu erreichen war. Jedoch haftete der „Lack“ nicht immer gleich gut und er war auch nicht 100% im Originalfarbton gehalten, zudem leuchtete auch dieses Ergebnis nicht wie gewünscht.
Hinzu kommt dass der Original Farbton jahrelang mehr oder weniger nicht verfügbar war und wenn doch nur in unverhältnismässigen Mengen – für uns Afficionados nicht zu gebrauchen.
Was ist denn nun der korrekte Farbton? Hier hilft dankenswerterweise die RAL-Farbkarte. Nach Erkundigungen und eigenen Nachforschungen ist das Ergebnis sonnenklar, bzw. Leuchthellorange..
RAL 2007 – LEUCHTHELLORANGE – Tagesleuchtfarbe
Man kann die Farbe – mit etwas Glück – in handelsüblichen Spraydosen im gut sortierten Farbenspezialhandel erhalten. Man muss hierbei auch nicht irgendwas im Bezug auf Glanzgrad o.ä. beachten, denn die RAL-Nummer schreibt hierbei auch gleichzeitig den seidigen Mattlook vor – die Farbe passt bei korrektem (dünnem) Auftrag aus der Spraydose also immer.
Nun gehen wir dann mal ans Werk – nach dem Ausbau des Kombiinstruments und der einzelnen Anzeigeelemente geht es auch schon los. Hier sei erwähnt dass man am besten nur die Tachonadel demontiert und die restlichen Nadeln auf ihren Plätzen belässt. Das erhöht zwar den Abklebeaufwand, aber es ist sicherer – gibt genug Leute die schon beim Versuch der Zeigerdemontage ihre Instrumente zerstört haben – was dann gerade bei Reiserechnerfahrzeugen ein echtes Problem darstellt!
Die Nadeln sollte man vor dem Abkleben noch einmal vorsichtig mit z.B. Isopropanol abwischen, damit sie auch absolut sauber und fettfrei sind. Zum Abkleben empfiehlt sich hochwertiges (und teures) TESA-Kreppband.
Nun gehen wir ans Werk – es sollte nicht allzu kalt sein, damit der Lack auch perfekt auf den Nadeln haftet. Gut geschüttelt (die Dose!) ist hier die halbe Miete. Nach zwei bis drei hauchfeinen Sprühvorgängen sieht das ganze so aus:
Nun sollte man auch gleich ohne allzu langes warten, vorsichtig (!) zur Tat schreiten und die eben noch mühe- bzw. kunstvoll verklebten (Christo lässt grüßen) Instrumente wieder von ihrer Maskerade befreien. Das Kreppband muss nicht bombenfest verklebt werden, dann passiert den Ziffernblättern auch nichts. Doch je länger man sich mit dem Abziehen des Klebebandes Zeit lässt, desto größer die Gefahr von Rückständen und somit Schäden auf den Ziffernblättern! Wobei mir persönlich bisher noch kein einziger Schaden entstanden ist und es waren schon einige Kombiinstrumente die von mir restauriert worden sind.
Ein so bearbeitetes Instrument lässt sich zu 99,9% nicht von einem Originalteil aus dem Karton unterscheiden. Es entspricht exakt dem was seinerzeit von VDO an Mercedes geliefert wurde. (auch wenn ein Originalkarton im Hintergrund steht, das Instrument sieht erst nach der „Zeigerkur“ wieder aus wie neu)
Das Ergebnis
Diese kleine Verjüngungskur kann man idealerweise auch gleich dazu nutzen und die Leuchtmittel im Kombiinstrument zu erneuern. Wenn alles sorgfältig zu Ende gebracht wurde, dann sieht es so oder so ähnlich auch bald in eurem Wagen aus:
Die gesamte Aktion dauert je nach Fingerfertigkeit nicht länger als ca. 2 Stunden. Wer es ganz genau haben möchte – und davon gehen wir an dieser Stelle einfach einmal aus – der sollte sich noch einen Glasfaserpinsel (o.ä.) aus dem Künstlerbedarf besorgen und mit einer großen Lupe gewappnet auch gleich die Schaltpunktmarkierungen und Striche bei „50-60Km/h“ nachziehen. (wobei hier z.B. der oben angesprochene Stabilo BOSS Textmarker ebenfalls gute Dienste erweisen kann!)
Als Belohnung erhält man einen Anblick den sonst nur die Neu- und Jahreswagenkäufer seinerzeit erlebt haben dürften.
Viel Spass & Erfolg beim nachmachen wünscht fünfkommasechs.de.
Fotos: ©fuenfkommasechs.de