432,7 Kilometer in der Stunde – seit 75 Jahren ungeschlagen

Rudolf Caracciola stellte heute auf den Tag genau vor 75 Jahren den bis dato gültigen Höchstgeschwindigkeitsweltrekord auf öffentlichen Straßen auf!

Mit 432,692 Km/h über einen Kilometer mit fliegendem Start und 432,36 Km/h über die fliegende Meile wurde damals auf der Reichsautobahn zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt (heutige Autobahn 5) ein Weltrekord aufgestellt der bis heute nicht geschlagen wurde. Die Werte ergeben sich als Durchschnitt aus zwei Fahrten in entgegengesetzte Richtungen.
Der Chefpilot der Mercedes-Benz Rennabteilung war damals mit dem bekannten Silberpfeil Typ W125 unterwegs, der allerdings mit einer aerodynamisch optimierten stromlinienförmigen Aluminiumkarosserie verkleidet war.

Die Karosserie besitzt vollverkleidete Radkästen und radikal verkleinerte Lufteinlässe in der Front durch die der 5,6 Liter Motor gerade die Luftmenge erhält die er für seine volle Leistung benötigt. Selbst der Auspuff ist aerodynamisch in die Seitenlinie integriert, das Wagenheck ist flach und keilförmig auslaufend. Die damaligen Ingenieure waren wahre Meister in der Berechnung, dies belegt der sensationelle Wert den man Jahrzehnte später im Windkanal gemessen hat. Der Luftwiderstand dieser silbernen Flunder beträgt lediglich 0,157.

Wie der Motor gekühlt werden konnte ohne gerichtete Luftzufuhr zum Kühler? Ganz einfach, die Daimler-Benz Ingenieure dachten selbstverständlich auch an das und ersannen eine Wasserumlaufkühlung mit Eiskühlanlage! Der Kühler des Motors ist in der Karosserie verbaut und ohne direkten Kontakt zur Außenluft, jedoch von 500 Litern Wasser mit Eisblöcken umgeben! Der Wagen war eben nicht für Langstreckenrennen konzipiert worden, sondern für die reine Rekordjagd.

Doch auch zu dieser Rekordjagd gibt es eine tragische Geschichte – die Auto Union duellierte sich an diesem Tag auf der abgesperrten Autobahn mit Daimler-Benz. Nachdem Caracciola den Rekord aufgestellt hatte, versuchte der Auto Union Star-Fahrer Bernd Rosemeyer diesen sogleich wieder zu überholen. Beim Versuch den Rekord zu brechen erfasste bei voller Fahrt eine Windböe seinen Wagen und riss förmlich dessen Karosserie herunter – bei dem Unfall verstarb Rosemeyer.

Oben auf dem Foto sieht man hinter dem voll fahrenden Silberpfeil die später abgerissenen Zeppelinhallen, südlich des heutigen Frankfurter Flughafens. An der Seite des Rekordwagens haben die Auspuffgase ihre Spuren auf der Karosserie hinterlassen.
Caracciola soll gesagt haben: „Und wieder zog sich die Straße zu einem schmalen weißen Band zusammen, die Unterführungen schienen  nur kleine schwarze Löcher zu sein. Bei der Geschwindigkeit, die ich durchfuhr, musste ich sehr exakt lenken. Doch noch bevor das Gehirn die notwendige Handlung erkannt hatte, war der Wagen bereits vorbeigerast.“

 Hier die technischen Daten des Rekordwagens:

Motortyp – MD 25 DAB/3
12 Zylindermotor in 60°-V-Form, 4-Ventil Technik
5.577 ccm Hubraum (Bohrung x Hub: 82 x 88 mm)
2 obenliegende Nockenwellen, Antrieb über Stirnräder
2 Solex Saugvergaser mit Zusatzschiebervergasern / 2 Roots-Kompressoren
Verdichtung 9,17 (Verwendung von Spezial-Rennkraftstoff)
736 PS bei 5.800 U/min
maximales Drehmoment 981 Nm
Motorblock mit Zylinderkopf verschweisst

Fahrzeuglänge 6.250 mm
Fahrzeugbreite 1.850 mm
Fahrzeughöhe 1.150 mm
Radstand 2.725 mm
Leergewicht 1.185 Kilogramm
Motorgewicht 300 Kilogramm
Luftwiderstand 0,157

Auf dem Foto oben – was leider nicht besser erhalten geblieben ist – sieht man von links nach rechts, den Chef-Konstrukteur Rudolf Uhlenhaut, danaben den Silberpfeil-Konstrukteur Max Sailer, einen unbekannten Herrn und rechts den Rennsport-Chef Alfred Neubauer.

Das Originalfahrzeug hängt heute im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart-Untertürkheim an der Steilkurve im Mythosraum 7 (Silberpfeile – Rennen – Rekorde) mit den zahlreichen anderen Rekordwagen von Daimler-Benz (u.a. der legendäre C111 IV und der 190E 2.3-16).

Alles viel zu alt und viel zu lange her? Denke ich nicht – eher absolut faszinierend, dass seinerzeit in der analogen Welt solch eine Leistung möglich war (schlimm natürlich die Opfer dafür).
Aber hier bei fuenfkommasechs ist der Rekordwagen doch bestens aufgehoben, zum einen heißt das Modell W125 (somit wäre innerhalb der Typologie theoretisch der W126 dessen Nachfolger, theoretisch) und zum anderen verfügt er über 5,6 Liter Hubraum, na wenn das kein Zufall ist.
Als hätte man es geahnt…

Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG

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