An dieser Stelle müssen wir heute noch einmal zurückkommen zur E-Klasse die ja bereits vor zwei Wochen bei uns ein größeres Thema war. Denn die E-Klasse ist ähnlich tief in der Markenhistorie von Mercedes verankert wie die S-Klasse, die ja sonst immer unser liebstes Thema ist (und dies selbstverständlich auch bleiben wird).
Dadurch das die E-Klasse (vormals mittlere Baureihe) eine derart lange Historie und einen so durchschlagenden Erfolg in sich verkörpert, lohnt ein Blick in deren Gene durchaus und dies dachte sich wohl auch die Presseabteilung von Mercedes als es kürzlich daran ging die MOPF-Modelle der BR 212 etwas besser ins rechte Licht zu rücken.
Um nicht ganz so weit in die Vergangenheit abtauchen zu müssen, besann man sich darauf als das erste Modell der „E-Klasse“ den Typ 170V (W136) zu manifestieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1947 präsentiert, stellt dieser Wagen die Neuanfänge für Mercedes in diesem wichtigen Segment dar.
Seit 1947 sind nun bereits mehr als 13 Millionen Fahrzeuge der mittleren Mercedes-Baureihe an Kunden in aller Welt ausgeliefert worden – durchaus eine beeindruckende Zahl, denn billig war ein solcher Mercedes nie, aber immer preiswert!
Auf den Typ 170V folgten 1953 die ersten Wagen mit selbsttragender Karosserie und Knautschzonen nach dem Patent des genialen Erfinders und Konstrukteurs Béla Barényi. Der Typ 180 (W120) war das passende Volumenmodell für den schnell einsetzenden Wiederaufbau des zerstörten Deutschlands, aber auch ein gern gesehenes Fahrzeug in weiten Teilen der Welt. Es gab neben dem Typ 180, den 180D, den 190 und den 190D. Bis 1962 werden 442.963 Pontons ausgeliefert.
Im Jahr 1961 treten die sicher noch bekannteren Heckflossen-Modelle mit Vierzylinder-Motor der Baureihe W110 die Nachfolge an. Mit den Typen 190c, 190Dc, 200 und 200D. Hierbei wurden neben den Knautschzonen im Wagenbug und -heck auch eine gestaltfeste Fahrgastzelle und ein entschärfter, da gepolsterter Innenraum eingeführt. Bis 1968 entstanden rund 628.000 kleine Heckflossen.
Das Entstehungsjahr ist Programm, denn 1968 beerbten die Modelle der neuen Generation ihre Vorgängertypen und bekommen bei gleichen Motorisierungsangaben den Zusatz /8 angefügt. Das dies einmal das Erkennungsmerkmal unter Enthusiasten werden könnte, hat damals sicher niemand bedacht. Der Strich-Acht wird der erste „Million-Seller“ im Hause Daimler-Benz, bis 1976 wurden mehr als 1,9 Millionen Fahrzeuge in die ganze Welt ausgeliefert.
1, 2 oder 3… letzte Chance – vorbei… diese Fernsehsendung der späten 1970er Jahre sagt eigentlich alles – der W123 löst die erfolgreichen und in aller Welt geschätzten Modelle des Strich-Acht ab. Dieser neue Fahrzeugtyp war von Anfang an so erfolgreich und begehrt, dass man Ende der 1970er Jahre über 2 Jahre auf seinen neuen Mercedes warten musste. Er war zudem auch die erste Mittelklasse von Mercedes die man mit Anti-Blockier-System (ABS) und später mit Fahrerairbag ordern konnte. Bis 1985 verliessen rund 2,7 Millionen Fahrzeuge (2.375.440 Limousinen) die Werkstore, darin enthalten sind auch rund 200.000 T-Modelle, denn die Baureihe 123 verfügte auch erstmals über ein offiziell verkauftes und entwickeltes Kombimodell.
Der Nachfolgetyp wird die Baureihe 124 – der erste Mercedes bei dem der cW-Wert in der Entwicklung eine wirkliche Rolle spielt und bei dem von vornherein mit Hilfe des Computers eine strömungsgünstige Form entwickelt wird. Denn anders als bei S-Klasse W126 die bereits 1979 mit einem tollen Strömungswiderstandswert glänzte, ist bei der neuen Mercedes Mittelklasse wirklich noch mehr als nur Feinschliff geleistet worden – das Ergebnis von 0,29 darf sich auch heute noch sehen lassen. Neben dem Einarmwischer der mittels Hubsteuerung fast 90% der Windschutzscheibe zu reinigen vermag, steht die Baureihe 124 für eine bis dato noch nie da gewesene Modell- und Variantenvielfalt die neben der Limousine, dem Coupé´und dem T-Modell nun erstmals auch ein Cabriolet vorhält. Nach 11 Jahren Bauzeit und 2.213.167 produzierten Limousinen wird Bilanz gezogen.
Mit dem Typ W210 geht die E-Klasse in ihr drittes Jahr, denn erst seit der zweiten Modellpflege des Vorgängers im Jahr 1993 hört die Mercedes-Mittelklasse auf diese Bezeichnung. Der W210 wird der erste Mercedes mit dem erstmals auf dem Genfer Autosalon 1993 als Designstudie präsentierten Vier-Augen-Gesicht. Vom Start weg 1995 wurde dieses Design mit dem begehrten „red dot“ Designpreis geadelt. Mit der Baureihe erleben auch erstmals unterschiedliche Lines ihr Debüt in der Mercedes Mittelklasse. Der Kunde kann fortan zwischen Classic, Elegance und Avantgarde wählen.
Im Jahr 2002 steht eine weitere Evolution an, der Typ W211 erscheint auf der Bildfläche. Mit deutlicher schlankerem Design (und leider auch spürbar kleineren Innenraumabmessungen) feiert er ein wahres Technik-Feuerwerk und transferiert erstmals vielmehr Techniken aus der S-Klasse in die Mittelklasse. Die ersten Modelle bis 2006 verfügten zudem über eine elektronische Bremsanlage SBC (Sensotronic Brake Control) die aber noch nicht wirklich marktreif war, bzw. für zuviel Ärger bei den Kunden sorgte und letztendlich nach Panikmache in den Medien vollends durch war. Mercedes meinte es an dieser Stelle leider zu gut!
Seit 2009 nun gibt es die bis dato recht erfolgreiche Baureihe 212 die gerade eine der aufwendigsten Modellpflege-Maßnahmen in der Geschichte von Mercedes erfahren hat. Man spricht hinter vorgehaltener Hand von über 900 Millionen Euro Entwicklungskosten und Umstellungskosten!
Warum dies alles? Weil die E-Klasse praktisch gesehen der wichtigste Mercedes überhaupt ist, die mittleren Mercedes-Modelle sind seit mehr als 70 Jahren der Inbegriff der anspruchsvollen Business-Limousine und als Taxi.
Weshalb sich Mercedes auch auf die Historie und Entwicklung in der Vergangenheit besann und einige auserwählte Medienvertreter nach Marrkesch zu einem speziellen E-Klasse Event einlud.
Marrakesch steht hier als Sinnbild für die E-Klasse, denn dort (wie auch in vielen anderen Städten auf der Welt) fährt fast die gesamte Palette der vergangenen Modelle auch heute noch im täglich harten Taxi-Alltag über die Straßen. Neben vereinzelten /8-Modellen, beherrschen W123, W124 und W210 das Bild. Nun muss man dazu sagen und bedenken dass mit Sicherheit 90% der Fahrzeuge vormals in Europa schon ihren Dienst getan haben und somit Laufleistungen von weit mehr als 1 Million Kilometern Standard bei den Droschken in Marrakesch sind. Ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit waren schon immer ausschlaggebende Gründe sich für einen Wagen der E-Klasse (Mittelklasse) zu entscheiden.
An dieser Stelle möchte ich auch auf den Artikel der Kollegen von den Chromjuwelen hinweisen!
So ist jede E-Klasse stets auch Spiegel ihrer Zeit und Gesellschaft: „Mit der E-Klasse ist es wie mit dem Stricken, dem eigenen Gemüsegarten oder dem Bollerwagen für Kinder. Was wir in jungen Jahren bei unseren Eltern oder Großeltern als spießig empfunden haben, gewinnt im zunehmenden Alter seinen ganz besonderen Reiz“, weiß Alexander Mankowsky, Zukunftsforscher bei der Daimler AG. „Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit, in der sich vieles als vorläufig und schnell überholt erweist, hat Beständigkeit einen unabweisbaren Reiz. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass Stricken und Häkeln sowie Gärtnern wieder cool ist, wenn auch in neuen Zusammenhängen wie Guerilla Knitting und Urban Gardening“.
Da ich es selbst erfahren konnte, weiß ich zum Beispiel auch dass der Produktmanager der E-Klasse mit seiner Aussage Recht hat: „Die neue E-Klasse ist die Beste, die es je gab„.
Sicherlich ist ein W123 ein ganz toller Wagen und ich habe meinen auch sehr gerne gefahren, doch fehlen ihm doch sämtliche Assistenzsysteme die das Fahren im Alltag gerade entspannt und sicher machen. Von den zahlreichen passiven und aktiven Sicherheitsgaranten einmal ganz zu schweigen. Am Besten trifft es hier die Aussage eines länger pensionierten Daimler-Benz Fahrwerksversuchsfahrers, der auf die Frage hin was er denn von all den neuen Systemen halte einfach nur lapidar antwortet: „hätten wir das damals auch schon zur Verfügung gehabt, wir hätten es auch eingebaut“!
Und genau diese Entwicklung des steten Fortschritts und es immer besser machen zu wollen verkörpern doch die Modelle der E-Klasse genauso wie die der S-Klasse.
Auch die Herren Fünfkommasechs und Dreikommanull sind in ihren Kindertagen auf dem Rücksitz eines W123 chauffiert worden. Ich denke, nein ich weiß, dass das damals alles den Ausschlag gegeben hat.
Zum Abschluss möchte ich noch ein sehr schönes, weil doch sehr beruhigendes Statement des Daimler Chef-Designers Prof. Gorden Wagener präsentieren (ab Minute 10:24 wird es interessant!):
Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG