Es kommt nicht häufig vor, dass wir uns hier einmal politisch äußern, doch der aktuelle Aufreger muß einfach weithin bekannt gemacht werden.
In unseren Augen wäre hier sogar der Begriff Marktverzerrung und Irreführung des Verbrauchers (Wählers!) durchaus vertretbar.
Worum geht es? Es geht um die (neue) Kraftstoffnorm DIN EN 15940 bzw. den darin enthaltenen und beschriebenen GTL Diesel. Die Bezeichnung GTL leitet sich hierbei von der Abkürzung seines Entstehungsprozesses ab „Gas to Liquids„. Denn dieser paraffinische Dieselkraftstoff wird aus Erdgas hergestellt. Die Extrahierung erfolgt durch eine nach ihren Erfindern benannte Fischer-Tropsch-Synthese (erstmals in den 1920er Jahren in Mühlheim an der Ruhr angewandt).
Shell hat nun bereits vor vielen Jahren einen solchen Kraftstoff zur Serienreife entwickelt und erprobt. Zudem die weltweit größte Anlage namens Pearl GTL zur Umwandlung der großen natürlichen Erdgasvorkommen in noch sauberer verbrennende Stoffe (wie z.B. den GTL Diesel) nördlich von Doha in Katar errichtet.
Es ist also alles bereits fertig installiert und kann genutzt werden!
Die technischen Details zum Shell GTL findet ihr hier.
Wo liegt nun das Problem? Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit weigert sich diesen bereits verfügbaren und hinreichend erprobten Kraftstoff im Rahmen der DIN EN 590 anzuerkennen, was ihn erst gewerbsmäßig an Endverbraucher in Deutschland veräußerbar macht. Perfekt zusammengefaßt und auf den Punkt gebracht im Schreiben des VDA an das BMU – lesenswert!
In anderen Worten – das Bundesumweltministerium bzw. dessen Leitung nimmt billigend in Kauf, das den Millionen von Diesel-Fahrzeugen die Möglichkeit genommen wird effizienter, mit weniger Geräuschentwicklung und geringerem Schadstoffausstoß betrieben zu werden.
Wo wir wieder bei der Eingangs aufgestellten These der Marktverzerrung und Irreführung des Verbrauchers wären. Sieht so eine Politik der Zukunft aus?
In den Niederlanden ist der Kraftstoff an zahlreichen Shell-Tankstellen frei verfügbar und auch Dänemark und Österreich bieten ihn frei zugänglich an ausgewählten Tankstellen an.
Vermutlich möchte man nur mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, den noch immer ach-so-bösen Dieselmotor weiter auslöschen und ihm keine Chance geben bzw. nicht einmal den Bestandsfahrzeugen die Möglichkeit einräumen von jetzt auf gleich umweltfreundlicher und nachhaltiger zu werden.
Irgendwie nimmt das Schicksal des Herrn Rudolf Diesel hier schon wieder eine groteske, ja Schicksalshafte neue Episode auf sich.
Zum Glück gibt es dann aber doch noch aktive Unternehmer (vulg. Widerstandskämpfer) die sich an die Vermarktung des neuen und überaus innovativen Treibstoffes machen und ihn – wenn auch nur nach schriftlicher Anmeldung, denn so möchte es der Gesetzgeber – auch an Privatpersonen verkaufen.
TIPP: Wer im Großraum Bremen wohnt bzw. des öfteren an der Autobahn A1 an der Hansestadt vorbeifährt, dem sei geraten: nutzt die Chance und tut zum einen der Umwelt und auch eurem Motor etwas Gutes und tankt einen ordentlichen Schluck GTL-E Diesel beim Bremer Mineralölhandel (BMÖ).
Ich selbst habe den auch Diesel XtL genannten Wunderdiesel in meinem CLS 350d 4MATIC mit dem V6-Turbodiesel OM642 ausprobiert und war im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig beeindruckt. Nicht nur, dass der Motor ruhiger läuft (ein noch leiseres Verbrennungsgeräusch), nein er springt auch deutlich leichtfüßiger an und hängt wesentlich williger an den Befehlen des Fahrpedals (aufgrund der deutlich höheren Cetanzahl von 75-80 – im Vergleich: bei Standarddiesel muss diese mindestens 51 betragen) zudem riechen seine Abgase nun nach absolut gar nichts mehr (wird so auch aktiv von Shell beworben, um den Einsatz in Baumaschinen, Traktoren und den Flughafenfahrzeugen zu forcieren und die Mitarbeiter dort zu schützen. Und der gemeine Bürger? Genau, der schaut in die Röhre.
Ich für meinen Teil bin gerne bereit, den vertretbaren Aufpreis (rund 20ct/l) im Vergleich zum Standarddieselkraftstoff zu zahlen, wenn ich dafür ein solches Hightech-Produkt erhalte und mit dessen Nutzung sogar noch etwas Gutes für Umwelt und Mitmenschen tue.
Wichtig an dieser Stelle zu wissen: der GTL Diesel ist Geruchs- und Farblos. Das bedeutet nach dem tanken riecht die Hand nach gar nichts, ja sogar weniger als wenn man ein Fahrzeug mit Otto-Kraftstoff betankt.
Schade nur, dass ich weder in Stuttgart, noch in Köln die Chance erhalte diesen Wunderdiesel tanken zu können.
DISCLAIMER: dieser Artikel entstand aus freien Stücken, weil wir es nicht länger mit ansehen können, wie das Automobil mit Verbrennungsmotor verteufelt wird. Jedes bereits produzierte Fahrzeug hat eine Daseinsberechtigung und ist immer besser als ein neu produziertes, gesehen auf den Gesamtimpact auf den Planeten.
Wer einen Diesel mit der Abgasnorm EURO6B oder besser besitzt, der sollte ihn mit modernen Kraftstoffen betreiben können und so einen aktiven Beitrag zur CO2-Einsparung leisten können – wobei selbst bei ganz alten Diesel-Fahrzeugen der Normen EURO2/3 deutliche Vorteile zu spüren, sehen und riechen sind.
Es ist also wahrlich besser als sich nur mit den „Anreizen für Elektrofahrzeuge…“ wie es so schön auf den Seiten des BMWi heißt auseinanderzusetzen ohne über wirkliche Nachhaltigkeit und einen schnellen Schritt nachzudenken.
Immerhin hat die EU-Kommission nun erkannt, das die zukünftige EURO7 Norm den Verbrennungsmotor nicht abschaffen sollte, denn gerade moderne ICE (Internal Combustion Engine) mit eFuel betrieben sind hilfreiche Instrumente für eine nachhaltige Klimapolitik hin zum Jahr 2050, von all den Bestandsfahrzeugen gar nicht erst zu sprechen. Mehr dazu in der Pressemitteilung des VDA vom 08.April 2021.
Abschließend noch ein Dank an die Sportwagenschmiede in Stuttgart-Zuffenhausen für die tatkräftige Vorreiterrolle in der Entwicklung und Abstimmung dieser so genannten eFuels. Synthetische Kraftstoffe die einmal die normalen mineralölhaltigen Otto-Kraftstoffe ablösen sollen und werden. Der Effekt ist vergleichbar mit Ökostrom und stellt somit definitiv eine Alternative zum E-Auto da, denn es geht um den Schutz des Planeten, nicht den blinden Befehl ein Automobil mit elektrischem Antrieb fahren zu müssen!
Und ja, wenn Porsche es mit seinen Partnern hinbekommt, das man diese Kraftstoffe gefahrlos in z.B. einem 1973er Carrera RS oder einem 1988er 959 nutzen kann, dann gehöre ich mit zu den Ersten, die diesen Kraftstoff in ihre alte W126 S-Klasse füllen und diese damit auf einen Schlag „sustainable“ machen.
Update!
Wahrscheinlich hatte ich dies im Ursprungstext nicht deutlich genug herausgestellt, aber laut Shell kann dieser Kraftstoff problemlos und ohne Umrüstung/Modifikation in modernen Diesel-Fahrzeugen genutzt werden.
Vorsichtig sollte man allerdings bei der Verwendung in den alten Diesel-Konzepten mit Vorkammer o.ä. sein. Am einfachsten ist es wohl, diesen GTL Kraftstoff als Faustregel nur in Pumpe-Düse bzw. Common Rail Ölmotoren zu verwenden.
Zudem schreibt Mercedes-Benz in seinen Betriebsstoff-Vorschriften (BeVo) zum Thema Dieselkraftstoff unter MB.Blatt 132.0 „Paraffinische Kraftstoffe“:
Bedeutet im Klartext – wer auf Nummer sicher gehen möchte der nutzt GTL Diesel nur als Mischung mit herkömmlichem Dieselkraftstoff (Standarddiesel, V-Power Diesel, Ultimate Diesel, …), dies jedoch in einem Mischungsverhältnis in beliebiger Höhe ohne Einschränkungen. Im Umkehrschluss kann also problemlos ein 99%iger Anteil des Wunderdiesels gefahren werden, so er denn die DIN EN 590 in Europa erfüllt.
Das hier sollte auch jeder gelesen haben: eine neue schwedische Studie zur Untersuchung des kompletten CO2-Emission von PKWs in Schweden von der Produktion bis zur Entsorgung.
Zitat: „During the use phase, the electric car results in the absolute lowest emission levels, 0.6 tonnes of CO2 eq, with a Swedish electric mix as fuel. As battery production results in high emissions in relation to the manufacture of vehicles with internal combustion engines, the end result over the life cycle is 9.3 tonnes CO2 eq or 47 grams CO2 eq / km, which is slightly lower than the corresponding values for HVO 100 based on animal fats (11 respectively 55)
The size of the emissions for these two alternatives depends on how the fuel is produced. In this study, HVO has been modeled with the assumption that animal fats are used as a raw material in the production of the fuel. Rapeseed oil as a raw material produces almost twice as high emissions, 21 tonnes of CO2 eq, and leads to HVO based on rapeseed oil being placed in eighth place among the fuels used.5 If the electric car is instead charged with a European energy mix, the electric car results in almost 17 tonnes of CO2 eq. and ends up in seventh place.“
Zudem möchte ich noch einmal abschließend darauf hinweisen, dass es mir nicht darum ging den Dieselmotor bis in alle Ewigkeiten am Leben zu halten (für Bestandsfahrzeuge jedoch durchaus!).
Es macht Sinn die Verbrennerfahrzeuge auch in Jahren, ja sogar Jahrzehnten, mit den so genannten eFuels zu betreiben. GTL ist bereits eine Art eFuel, je nach dem wie es produziert wird.
Vorteil dieser neuen Kraftstoffe, man kann mit einem Fingerschnipp dem Diesel (und Ottomotor) aller seiner negativen Eigenschaften berauben und ihn mit einem guten Gewissen weiterfahren, denn das ist Nachhaltigkeit. Ein von Menschenhand produziertes Gut so lange zu (er)halten und zu nutzen, bis es sein sinnhaftes und ursprünglich geplantes Nutzungsende erreicht hat und nicht zuvor, in völlig wahnsinnigen Abwrackaktionen, in denen man praktisch Neuwagen entsorgt.
Da ist sie wieder, die #GermanAngst und das nicht #nachdenken, sondern blinder #Aktionismus.