Die Entwicklung des W126

Die Entwicklung des W126 begann schon 1971 – zunächst beschäftigte man sich 2 Jahre lang mit Vorstudien. Zu dieser Zeit hatte es die gerade vorgestellte Vorgänger-Baureihe W116 relativ schwer. Die erste Ölkrise überschattete alles und es gab in Deutschland (wie auch in anderen Ländern) sogar Sonntagsfahrverbote. Es sah nicht besonders gut aus für große und schwere Fahrzeuge. Die Frage die bei Daimler-Benz aufkam war: „Was können wir tun, damit wir auch in Zukunft auf einem hohen Niveau mobil sein können und dürfen

Damals gingen viele Wissenschaftler und Studien davon aus dass im Jahre 2000 die Rohölvorkommen der Erde nahezu erschöpft sein würden und die Mobilität die gerade so viele Leute wie nie zuvor in ihren Bann zog etwas endliches darstellen würde (jedenfalls für die breite Masse). Aufgrund dieser dunklen Schatten wurde auch das Spitzenmodell der neuen Baureihe W116, der 450SEL 6.9 um knapp zwei Jahre auf Anfang 1975 verschoben – man besann sich in Stuttgart darauf dass so etwas in die gerade so turbulente und aufgewühlte Zeit nicht hinein passte.

Wie musste also die neue S-Klasse beschaffen sein damit sie weiterhin eine Vorherrschaft unter den Oberklasse-Limousinen aufweisen kann aber dennoch „sozial verträglich“ und zeitgemäß ist!?

Schließlich sollte der W126 die schon sehr hoch gesteckten Werte hinsichtlich passiver und aktiver Sicherheit, Qualität und Langzeitstabilität weiter steigern – und die Messlatte war hochgelegt worden, sehr hoch!

Gleichzeitig sollte der neue Typ in Sachen Gewichtsreduktion, Umweltschutz und Aerodynamik ganz neue Wege gehen, nicht nur im Hinblick auf die Historie der Daimler-Benz AG. Bei allen Bemühungen wurde aber eines nie in Frage gestellt: die neue S-Klasse sollte ein typischer Mercedes bleiben.

In die Zeit der Entwicklung des W126ers fielen einige interessante technische Neuerungen aber auch bis dato nie da gewesene Vorschriften Seitens der Gesetzgeber (die aktive und passive Sicherheit betreffend aber auch erstmals die Emissionen eines Fahrzeugs einschränkend!).

Wie ernst es die Stuttgarter mit der Schlankheitskur meinten und wie schwer es war, leichter zu werden, verdeutlichen folgende Zahlen: Der gezielte Einsatz von

  • 50 Kg hochfesten Stählen für Längsträger, Tunnel- und Dachrahmen ermöglichten sieben Kg weniger Gewicht,
  • 28 Kg Leichtmetall erleichterten um fünfzehn Kg,
  • 38 Kg mehr Kunststoff brachten vier Kg Ersparnis

Alle Entwicklungen für den W126 standen unter der Maßgabe der Gewichtseinsparung bei gleichem Qualitätsstandard. Den Detailkonstrukteuren wurden kategorische Auflagen gemacht. So musste beispielsweise das Gewicht der Heizanlage von 43 auf 38 Kg gesenkt werden und bei den Vordersitzen galt es, von 36 auf 33 Kg herunterzukommen.

Rund 50 Kg ließen sich durch intensive Kleinarbeit allein an der Rohkarosserie abspecken. Guntram Huber, seinerzeit Chef der Karosserieentwicklung: „Wir haben sogar mit Blechstückchen gegeizt, die kleiner als ein Fingernagel waren.“

Im Karosserierohbau wurden erstmals höherfeste Stähle in einer Serienlimousine eingesetzt. Hierbei wird durch spezielle Legierungen des Stahls die Stabilität weiter erhöht und das Gewicht gesenkt – durch eben dünner realisierbare Blechdicken bei gleicher oder sogar gesteigerter Festigkeit! Heute ist dieses Wissen Standard und findet in jedem Automobil Anwendung.

Selbstverständlich stand bei der Entwicklung auch der Computer den Konstrukteuren zur Seite – wie schon beim Vorgänger 1972 wurden auch beim W126 mit Hilfe der damals modernsten IBM-Rechner Festigkeitsberechnungen der Karosseriekörper durchgeführt, oder aerodynamische Optimierungen am Computer berechnet. Die damals ganz neuen CAD-Rechner halfen den Entwicklern schon enorm weiter, aber die Gittermodelle waren damals noch recht ungenau.

Den Löwenanteil des Gewichtsverlustes den die Mercedes-Techniker mit Werten zwischen 59 und 280 Kg bezifferten, bewirkten natürlich die neuen Leichtmetallmotoren. Wie enorm leicht diese nach dem Reynoldsverfahren produzierten Motoren waren, beweist die Fünflitermaschine, ihr Block wiegt, fertig bearbeitet, nur 25 Kg.

Das endgültige Erscheinungsbild des W126 wurde von der Stilistikabteilung (so hiess seinerzeit die Designabteilung bei Daimler-Benz) schon im Jahre 1976 verabschiedet. Danach fanden im Grunde nur noch Detailverbesserungen statt. Wichtig war dass der neue Typ direkt als S-Klasse erkennbar sein sollte, aber eben nicht so protzig wie der Vorgänger daher kommen sollte. Man sollte ihm seinen technischen Vorsprung ansehen und auch seine neue Leichtigkeit und die windschlüpfige Form, aber dennoch nicht an den typischen Mercedes-Eigenschaften zweifeln.

Im Jahre 1978 wurden die folgenden Aufnahmen eines Prototypen der neuen S-Klasse gemacht:

In einem Vergleich mit seinen direkten Vorgängern wird deutlich wie sehr sich der neue W126 in die Ahnenreihe einpasste und trotzdem den technischen Fortschritt verdeutlichte (das Foto stammt aus August 1979).

Aber es geht ja bei einem neuen Automobil nicht nur um die Aussenhaut und deren Design, es muss sich auch einiges im Innern tun und der neuen Zeit anpassen.
Das Foto unten zeigt ein fast seriennahes Armaturenbrettmodell. Interessant ist hier die angedachte Digitaluhr im Drehzahlmesser und die vier Schieberegler für die Frischluftdüsen (im Serienmodell sind es derer nur drei).

Wie viele kleine Veränderungen es im letzten Entwicklungsjahr 1978/79 noch gegeben hat verdeutlicht das folgende Photo eines Armaturenbretts welches fast dem Serienstand entspricht. Sehr interessant hierbei ist jedoch dass das Kombiinstrument sich eher am W123 orientiert und auch über keine Economyanzeige verfügt. Man beachte auch die extrem langen Speichen des Lenkrades!

Die Weltpremiere der neuen S-Klasse fand im September 1979 auf der 48. Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt statt.

Die beiden Fotos stammen vom ersten Pressetag der IAA 1979 – so etwas findet man nicht einmal im Daimler-Onlinearchiv.

Parallel zur Limousine lief die Entwicklung der großen Coupés an – Mitte der 1970er wurde der Entschluss getroffen dass das neue Coupé zur S-Klasse gehören und nicht mehr aus der SL-Baureihe hergeleitet werden sollte.

Es wurde scheinbar trotz des „SL-Kühlergrills“ ein Stern auf der Motorhaube thematisiert, denn ein Designmodell vom 18.10.1976 hatte einen solchen montiert bekommen – eine Aufnahme der Frontansicht ist leider nicht verfügbar. Besonders interessant ist hierbei die unkonventionelle Heckscheibe mit „Panoramaverglasung“, ähnlich der W111-Coupé Modelle. Aber noch interessanter ist das Typenkennzeichen auf dem Heckdeckel, ohne Additionsstrich. So wurde es erst 1991 bei der Baureihe W140 eingeführt und hat bis heute Bestand!

Aber lange blieb man nicht bei der Überlegung mit der Kühlerfigur, denn bereits Mitte März 1977 wurde am Reißbrett der bekannte Kühlergrill grafisch festgehalten und war beschlossene Sache. Sehr zum Vorteil des sportlichen Auftritts wie man heute sagen kann – ohne diese Front wäre der SEC nie zu einem solch zeitlosen „Grande Coupé“ geworden!

Bruno Sacco war auch beim Coupé für dessen zeitlos elegante Linienführung verantwortlich. Hier mit einem 1:5 Modell des neuen großen Coupés.

Auf der IAA im September 1981 war dann der neue Mercedes 380SEC der unumstrittene Star.

Das Foto dokumentiert sehr schön die Begeisterung der Menschen seinerzeit – für viele ein unerreichbares Fahrzeug – die heutige Neidgesellschaft war bei weitem noch nicht so ausgeprägt wie es heute leider der Fall ist.

Ein Foto aus der Kältekammer in Untertürkheim – die Fahrzeuge werden dort in eine dicke Eishülle gesteckt und müssen dann Stunden bei -25°C ausharren bis sie von den Versuchsingenieuren wieder erlöst und kontrolliert gestartet werden.

Aber es werden auch die neuen Motoren und sonstige Aggregate des Antriebssystems auf Herz und Nieren untersucht, auf Dauerhaltbarkeit, Effizienz und Verschleiß sowie Geräuschemission. Unten im Foto ein Leichtmetall-V8 im Versuch:

Hier eine Aufnahme eines 380SE der einen Teil der Schlechtwegstrecke auf dem Daimler-Benz eigenen Versuchsgelände in Stuttgart-Untertürkheim befährt.

Schon Mitte der 1950er Jahre wurden kleinere Versuchtrupps von Stuttgart aus in die Heide nach Norddeutschland geschickt um dort Schlechtwegeversuche mit den aktuellen Mercedes Fahrzeugen durchzuführen.

Später in den 1960er Jahren wurden die so genannten „Heide-Tests“ in das Entwicklungslastenheft für jede neue Personenwagen-Baureihe aufgenommen. Mit diesem Versuch konnte am besten das Fahrwerk beurteilt und auch enorm verschlissen werden.
In dieser Zeit wurde auch ein Fahrdynamik-Rollenprüfstand in Untertürkheim eingeweiht der das originalgetreue Streckenprofil eines üblen Heidefeldwegs unentwegt und zu jeder Tages- und Nachtzeit wiedergeben konnte.

Das oben zu sehende Foto zeigt die Kreisbahn in Untertürkheim – was im Hintergrund Anfang der 1980er grüne Wiese war ist heute mit dem schönen neuen Mercedes-Benz Museum bebaut.

Natürlich wurden auch immer schon Fahrdynamik-Versuche durchgeführt – hierzu gab es auch an Seilzügen bewegliche Fußgängersimulationsfiguren die das Verhalten verschiedener Fahrer auf plötzlich auftretende Notsituationen (über)prüfbar machten.

Kein Wunder, dass Mercedes-Benz Personenwagen seit jeher zu den komfortabelsten der Welt zählen!

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