Alle W126 wurden im Werk Sindelfingen, dem größten Werk der Daimler-Benz AG gefertigt. Das gilt sowohl für die Limousinen mit kurzem und langem Radstand, wie auch für die Coupés und auch die Sonderschutzfahrzeuge. (die Fertigung in Südafrika wird hier ausser Betracht gelassen – da nur unbedeutende geringe Stückzahl und auch nur für RSA produziert wurde – unter 5.000 Stück)
Der Serienstart des W126 war auch schon im Jahr 1979 davon geprägt die Produktionskosten im Rahmen zu halten, dabei aber trotzdem die bewährte Daimler-Benz-Qualität weiter steigern zu können. Viele sehr moderne Produktionsverfahren und -techniken wurden erstmals bei der Baureihe 126 angewendet.
Zum Beispiel wurden erstmals so genannte „Hängedrehförderer“ genutzt die selbst entwickelt wurden! Mit Hilfe dieser monströsen Gebilde wird der Wagen in eine für den Arbeiter günstigere Position gebracht – beispielsweise bei der Montage von Bauteilen am Wagenboden. Weiter wurde die Teilautomatisierung von Montageabläufen eingeführt bei der neuen S-Klasse eingeführt.
Das größte Werk der Daimler-Benz AG ist Sindelfingen zudem auch, es steht in einem sehr engen Verbund mit den übrigen Werken. Hier eine Übersichtsgrafik:
Wie bei jedem anderen Automobil auch, so stehen am Anfang zunächst immer riesige Stahlblechrollen, so genannte Coils. Sie werden in verschiedenen Blechstärken, Legierungen, mit und ohne Verzinkung etc. im Werk angeliefert und bei Bedarf in die entsprechenden Maschinen eingespannt.
Im Presswerk werden Einzelteile durch haushohe Pressen aus den Blechbändern gestanzt und in Form gebracht. Da in Sindelfingen kein stabiler Untergrund vorhanden ist, mussten die Pressen über 20 Meter tief im Boden verankert werden.
In der damaligen Zeit wurden keine Wagen auf Halde produziert – Daimler-Benz produzierte ausschließlich auf Kundenwunsch und so entsprach kein Fahrzeug dem anderen. Seinerzeit war der Barcode noch nicht wirklich verbreitet und so hatte jedes Fahrzeug eine Art „Lochkarte“ aus Blech – in der die wichtigsten Sonderwünsche des Kunden eingestanzt wurden – am Schloßträger vorne montiert. Dort kann man die Motorisierung, die Lackierung und sonstige für die Montage wichtige SAs entnehmen.
Nach dem Zusammenbau der Karosserie unter Berücksichtigung ob mit oder ohne SA Schiebedach elektrisch geordert wurde, kommt die Karosserie in den Lackierbereich der traditionell bei Daimler-Benz immer schon den neuesten Erkenntnissen entsprach. Die erste Station nach der chemischen Reinigung der Karosserie ist die KTL (kathodische Tauchgrundlackierung).
Als einziger Fahrzeughersteller verwendete Daimler-Benz seinerzeit großflächig einen Steinschlagschutzfüller auf der Karosseriegrundierung.
Darauf folgen bis zu 6 (bei Metallic 7) weitere Lackschichten die den Abschluss zum Schutz der Karosserie bilden und dem Wunsche des Kunden nach einem speziellen Farbton entsprechen.
Den Abschluss der Schutzmaßnahmen für das Blechkleid, also die Karosserie des Wagens, bilden verschiedene Ding wie Hohlraumwachs und Unterbodenschutz. Ersteres wurde bei der Baureihe 126 erstmals auf einer vollautomatischen Anlage durchgeführt. Dabei wurde über elektronisch gesteuerte Meßzellen die jeweils benötigte Wachsmenge exakt dosiert abgegeben und temperaturabhängige Viskositätsschwankungen des Wachses erfasst und ausgeglichen.
Der Unterbodenschutz in Form von einer zähen PVC-Beschichtung wird ebenfalls von einem Roboter aufgebracht (bei sämtlichen Baureihen). Hier im Foto am Beispiel eines W123 zu sehen:
Parallel beginnen die weiteren Produktionsschritte – auch viele der Arbeiten die heute durchweg von externen (oder ins Werk gegliederten) Zulieferern durchgeführt werden, waren zu Zeiten des W126 im Werk durch Daimler-Benz Mitarbeiter ausgeführt worden. Nur so konnte der hohe Qualitätsanspruch und Standard der Mercedes-Fahrzeuge erreicht werden!
Oben im Bild sieht man eine Komplettierung eines Sicherungskastens für einen W126. Dieser wird dann seinem zugewiesenen Fahrzeug mittels roter Kunststoffbox bereitgestellt und findet seinen Weg ans Band – wie hier bei dem SEC unten rechts im Bild.
Um stets mit genügend neuen Arbeitern gerüstet zu sein, kümmerte man sich bei Daimler-Benz schon sehr früh um die qualifizierte Ausbildung neuer Arbeiter – auch dies hat Tradition beim ältesten Automobilhersteller der Welt.
Hier erkennt man auch sehr schön das Motto nach dem seinerzeit bei Daimler-Benz alles strebte: „Das Beste oder Nichts!“ – ein Zitat von Gottlieb Daimler.
Aber es gab noch vieles mehr – im Werk wurden nahezu sämtliche Zuarbeiten ausgeführt für die heute die bereits angesprochenen Zulieferer zuständig sind. Sei es der Zuschnitt der Polsterstoffe, oder des Leders, das Furnieren der feinen Edelhölzer (siehe auch unter Innovationen – Edelhölzer) oder der komplette genähte Sitzbezug.
An dieser Stelle, werden einige erst jetzt begreifen, wie wertvoll eigentlich ein solches Automobil ist – eine ähnliche Fertigung gibt es heute nur noch im Manufakturautomobilbau wie beispielsweise bei Rolls-Royce oder bis vor kurzem noch in der Maybach Manufaktur!
Selbst das chromglänzende Aushängeschild eines jeden Mercedes – der Kühlergrill – wurde im Werk gefertigt und in der hauseigenen Galvanikabteilung veredelt bis er in vollem Glanze ans Auto montiert werden konnte. Und dies galt in gleichem Maße sowohl für den Kühlergrill eines 190D wie auch für den eines staatstragenden 560SEL.
Bei der Kabelsatzmontage wurden in der BR126 erstmals modernste Fertigungsmethoden berücksichtigt und auch angewandt – hierzu gehörte die Gruppenarbeit (Teamarbeit) wie auch das vom Band gelöste Arbeiten in so genannten Docks. Hierdurch hatte jeder Arbeiter einer solchen Gruppe auch alle Handgriffe des jeweils Anderen zu beherrschen. Es fand ein ständiger Wechsel statt, jeder Mitarbeiter dort übte so immer verschiedene Handgriffe aus und Monotonie bei der Arbeit wurde verhindert und es gab mehr Eigenverantwortung.
Im nächsten Schritt kamen dann weitere Komponenten hinzu: die Scheinwerfer und falls geordert die SA Reinigungsanlage, die Heckleuchten und weitere Anbauteile. Alle Bauteile wurden auch gleich im Anschluss auf ihre bestimmungsgemäße Funktion überprüft.
Auf diesen beiden Fotos kann man die bereits angesprochenen Hängedrehförderer erkennen. Sie sind eine Erfindung von Daimler-Benz und wurden erstmals beim Bau der BR126 eingesetzt und sogar völlig neue Montagehallen im Werk Sindelfingen dafür aus dem Boden gestampft. Der Arbeiter kann hierdurch in einer bequemeren Position seine Arbeiten ausführen, für die vormals eine auf Dauer sehr anstrengende Über-Kopf-Position notwendig gewesen war.
Auch andere Tätigkeiten die relativ stupide und anstrengende Arbeitsabläufe beinhalteten wurden entschärft. Hier am Beispiel der Batteriemontage – ein Roboter wird niemals müde, ein Arbeiter der diese Tätigkeit Tag ein Tag aus ausführen muss bekommt früher oder später ein Problem mit seinen Bandscheiben und muss zum Werksarzt, was einen Ausfall der Arbeitskraft und Kosten zur Folge hat (vom Schaden für den Mitarbeiter ganz zu schweigen).
Ähnliches wurde bei der Montage des Tanks eingeführt – musste dieser früher (Beispiel BR123) noch mühsam von Hand in die Tiefen des Kofferraums eingeführt werden, so wird dies beim W126 erstmals mit Hilfe der Lasertechnik und durch Roboterkraft auf den Millimeter genau ausgeführt. Der Vorteil hierbei ist nicht nur die Schonung der Ressource Mensch, sondern auch das der Roboter etwas schneller seine Arbeit erledigt und in der Regel keine Schäden an z.B. der Lackierung verursacht.
Bei der BR126 ging man viele neue Wege, so zum Beispiel beim Einbau der geklebten (!) Windschutzscheibe – hierbei führt ein Roboterarm die Scheibe an die Karosserie und anschliessend die eigentliche Montage selbsttätig aus. Zwei Monteure überwachen diesen Arbeitsschritt lediglich und korrigieren im Zweifel.
Auch für den auf Dauer mühsamen und schädlichen Weg das Reserverad in den Kofferraum zu bekommen hatte man sich damals schon etwas Schonendes überlegt – ein Roboter legt das Reserverad an seinen vorbestimmten Platz unten in den Kofferraum.
Selbstverständlich darf auch die Hochzeit hier nicht in der Erwähnung fehlen – von Hochzeit spricht man im Automobilbau wenn der Motor bzw. der Antriebsstrang in die Karosserie eingebaut (verheiratet) wird. Dies musste bei der BR126 noch auf umständliche Art und Weise von oben mit viel Geschick der Arbeiter durchgeführt werden. Grund hierfür ist die Konstruktion des Vorderbaus der Karosserie, mit massivem eingeschweissten Motorquerträger und feststehender Kühlertraverse/Schlossträger.
Bei der Baureihe 126 wurde auch erstmals die Vorderachsmontage vollautomatisch, fehlerfrei und schneller durch einen Roboter ausgeführt.
Es gibt mannigfaltige Beispiele der Arbeitserleichterung innerhalb der Produktion die mit oder während der Bauzeit der BR126 eingeführt wurden. Allen ist etwas gemein, sie schonen zum einen die Belegschaft und zum anderen arbeiten sie auf Dauer kostengünstiger was wiederum Wettbewerbsvorteile für Daimler-Benz bringt – auch das war zu Beginn der 1980er Jahre ein nicht zu unterschätzender Faktor!
Ebenfalls ein Novum waren autonome Transportschlitten die schon sehr weit komplettierte Fahrzeuge von einer Etappe zur nächsten brachten. Sie wurden aus dem Trott des Fliessbandes gelöst. So gab es einerseits eine bessere Raumausnutzung im Werk und andererseits angenehmere Arbeitsmethoden für die Arbeiter.
Selbst bei so banalen Dingen wie der Radmontage wurde Ende der 1980er Jahre ein Fortschritt erzielt in dem der Arbeiter sie nur noch ans Fahrzeug führen braucht und nicht mehr mühevoll Rad für Rad ans Auto heben muss.
Ein erfahrener Meister überprüft mit einer Checkliste einige wichtige und elementare Punkte ganz genau, und erst im Anschluss daran bekommt ein neuer Mercedes-Benz sein Prädikat – das Siegel der bestandenen Schlussabnahme:
Das letzte Band der Endmontage, nur noch wenige Meter auf dem Förderband trennen die Wagen von ihren ersten Schritten die aus eigener Kraft zurückgelegt werden – der silberne 300CE (C124) ist bereits fertig und kommt nun zur Auslieferung – der rotmetallicfarbene 350SDL ist als nächstes an der Reihe.
Die Fahrzeuge die nicht durch ihre neuen Besitzer im Kundencenter im Werk Sindelfingen persönlich abgeholt werden können, kommen auf Autozüge oder Autotransporter und gelangen so in alle Richtungen Europas und dann zur Auslieferung an ihrem Bestimmungsort.
Hauptsächlich aber werden diese Autozüge vom Werk Sindelfingen aus nach Bremerhaven fahren und dort zu einem der größten Autoparkplätze der Welt – dem Verladehafen von dem es in die USA geht – dem Hauptexportmarkt für Daimler-Benz. Letzteres kann man ja auch an der Vielzahl von US-Modellen auf den Fotos erkennen.
Damit die Produktion aber überhaupt so reibungslos von Statten gehen konnte war viel Arbeit im Vorfeld nötig. Bei Daimler-Benz wurden in der Vergangenheit die neuen Nachfolge-Typen immer auf dem normalen Band mit den Fahrzeugen die sie einmal ersetzen sollten produziert, es gab keine Pilot-Fertigung auf einem speziellen Band. Das bedeutet die Vorserienwagen die teilweise völlig andere Handgriffe verlangten und auch gänzlich andere Technik in sich beherbergten wurden im normalen Trott produziert – kleinere Probleme in der späteren Serienfertigung waren somit vorprogrammiert.
Erst mit Einführung der Baureihe W123 (1976-1985) wurde erstmals ein separates Pilot-Band für die Vorserienwagen-Fertigung genutzt. Dies galt natürlich 1979 auch für die neue S-Klasse, sie ist somit die zweite neue Baureihe die dieses besondere Verfahren für noch mehr Qualität durchlief.
Produktionsende
Hier übergibt der Vorstandsvorsitzende der Ende 1989 neu gegründeten Mercedes-Benz AG, Prof. Werner Niefer, Anfang April 1991 die letzte Limousine des 126ers – einen 560SEL mit der Fahrgestellendnummer 605721 – symbolisch an den Leiter des Mercedes-Benz Museums, Max-Gerrit von Pein. Den Wagen kennt man aus vielen Pressefotos – er ist Aussen Anthrazitgrau-metallic und besitzt Innen eine Veloursausstattung in anthrazit.
Unten eine Aufnahme des endgültigen Abschieds der Baureihe 126 Ende August 1991 in Form eines Blauschwarz-metallic lackierten 560SEC mit der Fahrgestellendnummer 610819:
Mehr zu diesen beiden allerletzten Serienfahrzeugen der Baureihe 126 findet man auch in unserem Bericht über diese Bandabgänger – die Letzten ihrer Art.
Nach 12 Jahren Bauzeit lief am 27.August 1991 in Sindelfingen das letzte Exemplar vom Band (dieses Datum ist überliefert). Nach 818.063 Limousinen (davon 97.546 mit Dieselmotor) und 74.060 Coupés war Schluss.
Die Baureihe war weltweit sehr erfolgreich, das belegen auch folgende Verkaufszahlen der wichtigsten Export-Länder:
- USA 283.000
- Nahost 55.000
- Japan 45.000
- Fernost 30.000
Diese beeindruckenden Zahlen machen die Autos der Baureihe 126 von Mercedes-Benz zu den meist produzierten Fahrzeugen der Oberklasse aller Zeiten!
Abschliessend hier noch ein paar sehr interessante Zahlen zum W126:
- die höchste Jahres-Produktionszahl eines Typs schaffte 1990 der 300SE mit 21.058 Einheiten
- der 280SE erlebte 1984 mit 12.835 Exemplaren sein bestes Jahr
- das Topmodell 560SEL kam 1986 auf die bemerkenswerte Stückzahl von 16.599
- während der 500SEL sein bestes Jahresergebnis 1985 mit 17.251 Einheiten feiern durfte
Die genauen Produktionszahlen haben wir hier im Überblick:
1.Serie:
- 280S – von Januar 1980 bis November 1985 – ca. 43.000 Einheiten (Vorserie 1979 = ca. 400 Stück)
- 280SE – von Januar 1980 bis September 1985 – ca. 134.000 Einheiten (Vorserie 1979 = ca. 800 Stück)
- 280SEL – von Juni 1980 bis September 1985 – ca. 21.000 Einheiten (Vorserie 1979 = 1 Stück)
- 380SE – von Januar 1980 bis November 1985 – ca. 58.000 Einheiten (Vorserie 1979 = ca. 200 Stück)
- 380SEL – von Juni 1980 bis September 1985 – ca. 27.000 Einheiten (Vorserie 1979 = 1 Stück)
- 500SE – von Januar 1980 bis September 1985 – ca. 22.000 Einheiten (Vorserie 1979 = ca. 140 Stück)
- 500SEL – von Juni 1980 bis September 1985 – ca. 57.000 Einheiten (Vorserie 1979 = 2 Stück)
2.Serie
- 260SE – von Oktober 1985 bis Februar 1991 – ca. 21.000 Einheiten
- 300SE – von September 1985 bis Oktober 1991 – ca. 105.000 Einheiten
- 300SEL – von September 1985 bis August 1991 – ca. 41.000 Einheiten
- 420SE – von September 1985 bis Dezember 1991 – ca. 14.000 Einheiten
- 420SEL – von Oktober 1985 bis Oktober 1991 – ca. 74.000 Einheiten
- 500SE – von September 1985 bis August 1991 – ca. 12.000 Einheiten
- 500SEL – von September 1985 bis Februar 1992 – ca. 16.000 Einheiten
- 560SE – von April 1988 bis Januar 1991 – 1.252 Einheiten
- 560SEL – von Oktober 1985 bis April 1992 – ca. 75.000 Einheiten
Coupés (SEC-Typen):
- 380SEC – von Oktober 1981 bis September 1985 – ca. 11.000 Einheiten
- 420SEC – von Oktober 1985 bis Oktober 1991 – ca. 3.700 Einheiten
- 500SEC – von Oktober 1981 bis September 1991 – ca. 30.000 Einheiten
- 560SEC – von Oktober 1985 bis Oktober 1991 – ca. 29.000 Einheiten
Diesel-Modelle (USA):
- 300SD Turbodiesel – Oktober 1980 bis August 1985 – ca. 79.000 Einheiten (Vorserie 1979 = 3 Stück)
- 300SDL Turbodiesel – September 1985 bis September 1987 – ca. 14.000 Einheiten
- 350SD Turbodiesel – Juni 1990 bis August 1991 – ca. 2.000 Einheiten
- 350SDL Turbodiesel – Juni 1990 bis August 1991 – ca. 3.000 Einheiten