Futurama in Sindelfingen – eine erste Begegnung mit der neuen S-Klasse (Teil2)

Nachdem es in Teil 1 zur neuen S-Klasse um deren Passive Sicherheit ging, folgt heute nun Teil 2, indem wir uns mit den zahlreichen Assistenzsystemen im W222 befassen und ihnen die nötige Aufmerksamkeit widmen werden.

Seit jeher steht die S-Klasse von Mercedes nicht nur für ein hohes Maß an passiver Sicherheit und den bestmöglichen Schutz-Mechanismen, nein sie steht auch immer für die neueste Technik auf dem Gebiet der aktiven Sicherheit und der Fahrer-Assistenz.
Im Grunde weiß man da gar nicht so recht wo man beginnen soll – nehmen wir deshalb einfach einmal exemplarisch das Elektronische-Stabilitäts-Programm ESP. Dieses System wurde bereits 1995 in der Baureihe 140 eingeführt und hat seitdem vielen tausend Autofahrern das Leben gerettet oder sie zumindest vor einem teuren Blechschaden bewahrt. Man hätte hier natürlich auch die Antriebs-Schlupf-Regelung ASR nennen können (1987 im W126 eingeführt), aber dieses System ist im ESP ohnehin integriert.

Den ersten echten Assistenten gab es mit der 1999 im W220 eingeführten DISTRONIC, dem Abstands-Regel-Tempomaten mit Radar-Unterstützung.
Wer Daimler bzw. Daimler-Benz kennt, der weiß dass schon zu Beginn der 1970er Jahre von einem solchen System in Druckschriften gesprochen wurde und auch im 1981 vorgestellten Forschungsfahrzeug „Auto 2000“ präsentiert wurde. Man sieht daran welch langwieriger Weg oftmals nötig ist um solche Systeme soweit reifen zu lassen, dass man sie gefahrlos auf den Kunden (und andere Verkehrsteilnehmer) loslassen kann!

Die kommende S-Klasse W222 wird definitiv einen Meilenstein darstellen, so viele wirklich sinnvolle und dabei niemals bevormundende Assistenz-Systeme für das Leibwohl Aller gab es bis dato noch nie in einem Serienauto!

Wenn man sich die Pressemitteilung zu „Intelligent Drive“ durchliest, so denkt man zunächst an ein Forschungsauto, z.B. das „ESF 2009“ welches 2009 auf der IAA präsentiert wurde und viele der hier vorgestellten Techniken bereits vorwegnahm die nun kommendes Jahr Realität werden – Daimler ist eben immer einen Schritt voraus!


In der neuen S-Klasse werden erstmals mehrstufige Radarsensoren und eine Stereokamera SMPC (Stereo Multi Purpose Camera) miteinander verknüpft und auch erst durch die enorme Rechenleistung und die nötigen Algorithmen moderner Systeme sinnvoll einsetzbar.

Unter anderem sprechen wir hier von DISTRONIC PLUS mit Lenk-Assistent, BAS PLUS und der PRE-SAFE® Bremse. Erstmals ist es einem Serienauto möglich zu denken und Situationen und andere Verkehrsteilnehmer räumlich wahrzunehmen und einzuordnen. Erst mit dieser neuen Technik ist es möglich auf Gefahrensituationen einwirken zu können, sei es dem Fahrer assistierend oder autark.

Die Stereokamera hat einen Öffnungswinkel von 45° und kann querende Objekte und Fußgänger räumlich erfassen und ihre Bahn berechnen. Dank der zwei „Kameraaugen“ kann sie im Bereich bis 50m vor dem Fahrzeug dreidimensional sehen und hat insgesamt bis zu einer Entfernung von 500m das Umfeld vor dem Fahrzeug im Blick.

Die Radarsensoren liefern zusätzliche, ergänzende Daten und bestehen aus zwei Nahbereichsradarsensoren im vorderen Stoßfänger mit einer Reichweite von 30m und einem Öffnungswinkel von 80°. Ergänzt werden sie von einem Fernbereichsradar (200m, 18°) und einem Mittelbereichsradar (60m, 60°).
Hinzukommen noch zwei Nahbereichsradarsensoren seitlich hinten im Stoßfänger (30m, 80°) für den Tot-Winkel-Assistenten und einen neuartigen Multi-Mode-Radarsensor hinten mittig im Stoßfänger (30m, 80° und 80m, 16°).

Das Spektrum der Unterstützung reicht von der Entlastung und somit Komfortsteigerung über optische, akustische und/oder haptische Warnung bis zur Verstärkung der Fahrerreaktion. Einige Systeme können im Notfall auch korrigierend eingreifen, etwa durch autonome Bremsmanöver, um einen Unfall zu vermeiden oder die Unfallschwere zu reduzieren.

Erstmals wird die radarbasierte DISTRONIC PLUS nun um den Lenk-Assistenten erweitert, der den Fahrer bei der Querführung des Fahrzeugs unterstützt, indem er auf gerader Straße und sogar in leichten Kurven ein Lenkmoment erzeugt und dem Fahrer dabei hilft in der Mitte der Fahrspur zu bleiben. Dies ist möglich, da die Stereokamera die Fahrbahnmarkierungen sowie vorausfahrende Fahrzeuge in ihrer räumlichen Lage erkennt und die Informationen an die elektrische Servolenkung weitergibt, so ist unter anderem teilautonomes Staufolgefahren möglich.
Die DISTRONIC PLUS mit Lenk-Assistent ist im Geschwindigkeitsbereich zwischen 0 – 200 Km/h wie bisher über den Wählhebel am Lenkrad aktivierbar. Über ein grünes Lenkrad-Symbol im Kombiinstrument wird angezeigt, wenn der Lenk-Assistent bei aktivierter DISTRONIC PLUS in Funktion ist.

Der Fahrer muss auch bei aktivem Lenk-Assistent die Hände immer am Lenkrad haben, da die Funktion nur oberhalb geschwindigkeitsabhängiger, definierter Kurvenradien aktiv ist. Auch aus gesetzlichen Gründen ist das freihändige Fahren nicht vorgesehen. Das System ist so feinfühlig konzipiert, dass die Sensoren erkennen können, ob die Hände des Fahrers am Lenkrad sind. Falls nicht, wird zunächst optisch gewarnt. Reagiert der Fahrer nicht auf diesen Hinweis, ertönt ein Warnton und die Querführung wird deaktiviert – dieser gesamte Vorgang dauert maximal 15 Sekunden.

Auch die Leistungsfähigkeit der DISTRONIC PLUS wurde erneut gesteigert, so kann das System ohne Eingriff des Fahrers jetzt mit bis zu 5m/s2 bremsen und bei Betätigung der „S“-Taste für das Fahrprogramm erfolgt eine höhere Beschleunigung. Insgesamt ist das System dynamischer und reagiert frühzeitiger als bisher, die Kombination aus Stereokamera und Radar macht es möglich.

Eine weitere Neuerung ist BAS PLUS mit Kreuzungs-Assistent, hier kann der Bremsassistent BAS PLUS den Fahrer nicht nur im Längsverkehr darin unterstützen, Auffahrunfälle zu vermeiden oder deren Folgen zu mindern, sondern kann durch die neue Funktion auch bei drohenden Kollisionen mit dem Querverkehr an Kreuzungen unterstützen. Bremst der Fahrer hierbei zu zaghaft, so kann BAS PLUS die automatisch den Bremsdruch für eine wirksame Gefahrenbremsung erhöhen, notfalls bis zur Vollbremsung. Durch die situationsgerecht dosierte Bremsung wird auch dem Folgeverkehr ein möglichst großer Bremsweg zur Verfügung gestellt.
Die Funktion Kreuzungs-Assistent ist bis ca. 72 Km/h wirksam, der BAS PLUS kann im Längsverkehr den gesamten Geschwindigkeitsbereich unterstützen.

Dank der Unterstützung der Stereokamera kann der Aktive Spurhalte-Assistent nun auch bei unterbrochenen Linien den Fahrer wirksam unterstützen. Kritische Situationen die u.a. erkannt werden können, sind überholende oder zu überholende Fahrzeuge oder Parallelverkehr; das System ist aber auch bei Gegenverkehr wirksam, also z.B. auf Landstraßen mit nicht durchzogener Mittellinie. Der Aktive Spurhalte-Assistent ist im Geschwindigkeitsbereich von 60 – 200 Km/h aktiv.

Eine weitere Neuerung die ich gerne noch herausstellen möchte ist die Citybremsfunktion von BAS PLUS und PRE-SAFE®. Durch die Möglichkeit Objekte und Fußgänger räumlich wahrzunehmen, kann bei erkannter Gefahr optisch und akustisch gewarnt werden. Reagiert der Fahrer durch Bremsen, wird durch BAS PLUS bei Bedarf die Verzögerung situationsgerecht bis hin zur Vollbremsung verstärkt. Reagier der Fahrer nicht, bremst die PRE-SAFE® das Fahrzeug autonom ab. Die PRE-SAFE® Bremse ist bis ca. 72 Km/h aktiv und kann Fußgängerunfälle bis zu einer Ausgangsgeschwindigkeit von 50 Km/h autonom vermeiden!

Was sich hier alles unglaublich anhören mag ist es in Wahrheit auch, bis dato konnte kein Fahrzeug so viele Funtionen auf einmal beherrschen.
Und was ist besser als tausend Worte, als ein Video das sämtliche der oben genannten Funktionen noch einmal ausführlich im Trickfilm darstellt.

Am Freitag kommt noch mit Teil 3 ein abschliessender Bericht zum W222, dann geht es um dessen Lichttechnik und noch ein paar weitere Raffinessen, klickt doch wieder rein!

Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG

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