Produktionsstart der neuen S-Klasse W222 in Sindelfingen

Es war ein ganz besonderer Tag, der vergangene Mittwoch 12. Juni, als wir von fünfkommasechs die Einfahrt zum Kundencenter des Werks 50 an der Käsbrünnlestraße in Sindelfingen passierten. Das Wetter zeigte sich von seiner allerbesten Seite und es war eine herrlich klare Luft an jenem Morgen.

Nach einer kleinen Empfangrede im CoE (Center of Excellence, dem ehemaligen Heim der Maybach Manufaktur) durch Werkleiter Dr. Willi Reiss ging es auch gleich im werkseigenen Omnibus durch das Tor 1 in Richtung der Werkshallen in denen die S-Klasse seit vielen Jahren produziert wird.

Im Jahr 2015 wird das Werk Sindelfingen sein 100 Jähriges Bestehen feiern, selbst heute noch gibt es Gebäude deren Grundmauern aus jenen Jahren stammen – einfach unfassbar und für einen echten Mercedes-Fan ein wahrlich magischer Ort!

Doch zurück zum Bau 46, in dem wir die Gelegenheit hatten einen Blick in die Endmontage und Endkontrolle der neuen S-Klasse BR 222 zu werfen.

Zur Produktion der S-Klasse sind täglich rund 500 Lieferanten mit der Zulieferung von Teilen beauftragt. Das bedeutet ca. 210 LKW pro Arbeitstag die das Werk Sindelfingen mit Teilen beliefern (ca. 3.500 Sachnummern ohne Just-in-Sequence Umfängen). Von diesen Lieferanten sind rund 36% in Werksnähe, 54% im weiteren Inland verteilt und 10% im Ausland angesiedelt. Die durchschnittliche Lieferantenentfernung zum Werk beträgt 154 Kilometer.
62% der Teile werden Just-in-Sequence angeliefert, 6% Just-in-Time und 29% kommen vom Lieferanten-Logistikzentrum (weitere 3% entstammen dem automatisierten Kleinteilelager).

Die Fertigungskapazität des Bau 46 beträgt ca. 360 S-Klasse Fahrzeuge pro Tag! In Sindelfingen werden neben der S-Klasse noch das große Coupé CL sowie die E-Klasse in allen Varianten produziert (incl. CLS, jedoch ohne C/A207), sowie bis 2014 noch die C-Klasse BR 204.

An dieser stelle lasse ich dann lieber Bilder statt Worte sprechen – es war ohnehin nur ein sehr kleiner und kurzer Einblick in die Produktionsstätte der neuen S-Klasse. An sich kein großes Wunder, denn man möchte lieber in Ruhe produzieren, statt Pressevertretern Zutritt zum Heiligsten zu gewähren.
Hierzu muss man wissen, dass die Werksleitung mit dem Betriebsrat und den Arbeiterverbänden eine Absprache getroffen hat, das diesen Sommer voll durchproduziert werden wird, es gibt also für die S-Klasse Belegschaft keine Werksferien!

Der Tank der S-Klasse sitzt seit der BR 221 unterhalb der Rücksitzbank, dies bringt nicht nur Schwerpunktvorteile mit sich, sondern auch große Vorteile beim Package des Fahrzeugs, der große Tank (im Bild zu sehen) hat ein Füllvolumen von 80 Litern.

Die hier zu sehenden „Hänge-Drehförderer“ wurden erstmals Ende 1979 bei der Fertigung der S-Klasse BR 126 eingesetzt. Sie waren damals eine Erfindung von Daimler-Benz und werden auch heute noch in der Produktion in leicht abgewandelter und modernisierter Form eingesetzt!

Unten eine Aufnahme der Datenträger die in den zu lackierenden Rohkarossen montiert sind und diese durch die ersten Schritte der Fertigung begleiten. Darin sind Daten wie Variante (W oder V 222), mit oder ohne Schiebedach, Linkslenker oder Rechtslenker und weitere Unterscheidungsmerkmale, sowie selbstverständlich der Code der Lackierung gespeichert. Im Grunde nichts anderes als eine elektronische Variante der metallenen Lochkarte aus Blech an der Kühlertraverse des W126.


Nach diesem kleinen Ausflug in die tatsächliche Produktion, kommen wir nun zur bereits angekündigten Endkontrolle der neuen S-Klasse in derselben rieseigen Halle!

Grund für diese exklusive Tour durch die Geburtsstätte der S-Klasse war natürlich der feierliche Akt bzw. die Präsentation des so genannten „Job #1“ durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Dieter Zetsche und den neuen Produktionsvorstand Andreas Renschler.

In unmittelbarer Nähe dieses Endkontrollbandes befindet sich auch die eigentliche Geburtsstätte einer jeden S-Klasse. Denn es handelt sich dabei um den Ort (im Werksjargon Abfahrplatz genannt), an dem jede neue S-Klasse zum ersten Mal regulär gestartet und dann mittels eigenem Antrieb auf das Endkontrollband gefahren wird. Zuvor werden die Fahrzeuge per Lastenaufzug von einem der oben liegenden Förderbander angeliefert.

Wie das wohl seinerzeit gewesen sein muss? Wenn man bedenkt das so schon viele Millionen S-Klasse Fahrzeuge zuvor gestartet wurden. Eigentlich nimmt man ja durchaus an, dass ein so modernes Fahrzeug nicht mehr mit dem Starter orgeln müsste bis es endlich aus eigener Kraft davon fahren kann, aber so ist es auch bei der neuen S-Klasse die schon dem Modelljahr 2014 entspricht.

Seit ihrer Weltpremiere am 15.Mai hat Daimler bereits gut 12.000 Vorbestellungen für die neue S-Klasse erhalten, wohlgemerkt in nur 4 Wochen und dies obwohl es derzeit noch keinen Verkaufsstart in den Hauptabsatzmärkten China und den USA gegeben hat. Wirklich bemerkenswert, zumal eine Jahresproduktion wohl bei rund 70.-80.000 Stück liegen dürfte (gemessen an der Vorgängerbaureihe 221)!

Die sechs Varianten der Baureihe 222 werden über 90% Gleichteile innerhalb der S-Klasse verfügen und dadurch weitere Kostenvorteile in sich tragen. Die Gleichteile-Quote der S-Klasse Familie im Vergleich zu den übrigen Konzernmodellen liegt bei ca. 60%, wobei diese nur in den Bereichen eingesetzt werden, in denen es der Kunde nicht sehen kann.

Selbstverständlich wurden auch mit der neuen BR 222 die Kosten pro Stück im Vergleich zur BR 221 gesenkt, dies ist unumgänglich und seit Zeiten der BR 126 auch in der Oberklasse Gang und Gäbe und (leider) notwendiges Übel. Man muss die Produktivität immer weiter erhöhen um Wettbewerbsvorteile zu erzielen, so wir auch die Zeit die man pro Fahrzeug benötigt seit vielen Jahren kontinuierlich gesenkt. Von ehemals z.B. 60 Stunden ist man runter auf 50 und heute bei knapp 40 Stunden. Das Ziel liegt hier wohl bei 30 Stunden pro Fahrzeug. (immer noch enorm viel Zeit, wenn man bedenkt das heutige Kleinwagen in Köln oder Eisenach vom Band rollen und nach nur rund 8 Stunden fertig montiert sind!)

Die Montagezeit ist insgesamt gesehen zwischen 10 und 20% kürzer (und somit besser, weil effizienter) im Vergleich zum Vorgänger! Man geht heute sogar so weit und schafft in manchen Bereichen wieder Roboter ab, da diese zuviel (teure) Energie benötigen.

Obwohl in China geplant ist Strafzölle für Importautomobile mit mehr als 2 Liter Hubraum einzuführen, gibt es keinerlei Szenarien bei Daimler einen Teil der S-Klasse Produktion ins ferne Land zu verlegen. Man hält stark am Standort Sindelfingen fest und präsentiert deswegen auch immer gerne das Qualitäts- und Gütesiegel „Made in Sindelfingen“!

Wir wünschen der neuen S-Klasse ganz viel Erfolg auf den Märkten dieser Welt und freuen uns schon auf die 100-Jahr Feierlichkeiten in knapp zwei Jahren in Sindelfingen, auf historischem Boden.

Zum Abschluss ein Blick auf den schönen großen Hochglanz-Stern vor dem Kundencenter an der Käsbrünnlestraße.

Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG

Kommentare